WV Stahl

Die Stahlindustrie in der Energiekrise

Quelle: eigene Berechnungen nach EID-Informationsdienst; Preisentwicklung indexiert auf Basis 3/2021. Stand: 18.10.2022

Die Stahlindustrie in Deutschland ist massiv von den explodierenden Energiepreisen betroffen. Der Energiekostenanstieg gefährdet den Einstieg in die Transformation und die Wettbewerbsfähigkeit des Stahlstandorts, insbesondere der Elektrostahlproduktion. Das stahl-online.de-Dossier umfasst Daten und Fakten zur Energiesituation im Stahlbereich und Vorschläge der Stahlindustrie in Deutschland zur Bewältigung der Energiekrise.

Maßnahmen zur Bewältigung der Energiekrise

Um eine einschneidende Deindustrialisierung in unserem Land zu verhindern, muss durch geeignete politische Maßnahmen schnell und entschieden gegengesteuert werden:

  • Energiepreise schnell senken
  • Empfehlung zur Gaspreisdeckelung umsetzen 
  • Wirksame Strompreisbremse einführen
  • Europäische Grundlagen schaffen
  • Zielkorridore für künftige Gas-, Strom- und Wasserstoffpreise beschreiben
  • Energieangebot ausweiten
  • Energiesteuern reduzieren
  • Energiekrise im Fit-for-55-Programm der EU berücksichtigen

Was genau hinter den einzelnen Punkten steckt, lesen Sie im „Brief an die Politik der WV Stahl zur Energiekostenkrise“.

Strom und Gas in der Stahlindustrie

Die Stahlindustrie ist auf eine verlässliche und bezahlbare Versorgung mit Strom und Gas angewiesen. Gegenwärtig liegen die Strom- und Erdgaspreise in Deutschland und Europa um ein Mehrfaches höher als in den USA und auch in Asien, was eine massive Belastung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen darstellt. Die etwa 8 Milliarden Euro Mehrkosten für die Stahlindustrie in Deutschland entsprechen rund 20 Prozent ihres Branchenumsatzes im Durchschnitt der vergangenen Jahre.

Die aktuellen Belastungen für die Grundstoffindustrien gefährden die industrielle Basis, die Deutschlands wirtschaftliche Stärke ganz wesentlich trägt. Darüber hinaus trifft die Energiekrise die Stahlunternehmen in einer Zeit, in der sie alle finanzielle Kraft und Unterstützung für die anstehende grüne Transformation brauchen.

Erdgas in der Stahlindustrie

Die Stahlindustrie in Deutschland verbraucht 2,1 Mrd. m3 Erdgas pro Jahr. Diese Menge macht 8 Prozent (Endenergie) bzw. 6 Prozent (Primärenergie) des industriellen Bedarfs aus. Sie entspricht etwa dem Bedarf der Bevölkerung von Berlin und München zusammen. Ohne ausreichende Erdgasmengen sind sowohl die Rohstahlherstellung als auch die Stahlweiterverarbeitung unmöglich. Erdgas wird in der Stahlindustrie im Wesentlichen zur Erzeugung von Prozesswärme eingesetzt, beispielsweise zur Heißwinderzeugung am Hochofen, Unterfeuerung der Kokereien, zum Trocknen und Vorwärmen von Transportgefäßen, in Wiedererwärmungsöfen in den Walzwerken, in Wärmebehandlungsöfen, zur Oberflächenbehandlung, sowie auch aus sicherheitstechnischen Gründen zur Stützfeuerung oder in Sicherheitseinrichtungen wie Fackeln. Rund 30 Prozent des Erdgases werden in der Rohstahlerzeugung und 50 Prozent in den Walzanlagen eingesetzt. Rund 20 Prozent entfallen auf Hilfs- und Nebenbetriebe. Kurzfristig ist Erdgas in diesen Prozessen kaum ersetzbar. Für eine generelle Umstellung auf Wasserstoff oder, wo möglich, Induktion, stehen die Brennertechnologien noch nicht zur Verfügung. Zudem wären erhebliche Umbauten, neue Genehmigungen und Netzanschlüsse erforderlich. Bei einer Erdgasrationierung wären daher Produktionsabschaltungen unvermeidbar. Die Risiken einer über ein bestimmtes Maß an Flexibilität hinausgehenden Produktionsreduzierung infolge einer akuten Gasmangellage wären schwerwiegend: Es drohen Anlagenschäden und massive negative Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette.

Strombedarf der Stahlindustrie: Heute und 2030

Der Strombedarf der Stahlindustrie in Deutschland liegt bei insgesamt 25 TWh. Rund die Hälfte ihres Bedarfs deckt die Stahlindustrie in Deutschland über die Eigenstromerzeugung (Kuppelenergieverstromung in Verbundkraftwerken, Hochofengas-Entspannungsturbinen, Abhitzedampfnutzung von Kühlsystemen zur Stromerzeugung). Den Rest bezieht sie aus dem öffentlichen Netz oder von externen Industrie Verbundkraftwerken. Die Eigenstromerzeugung ist jedoch mit dem Betrieb von Hochöfen möglich, die im Zuge der Transformation zur Klimaneutralität nach und nach aus dem Betrieb gehen werden.

Durch die Transformation entsteht – direkt und für den Einsatz der Wasserstoffelektrolyse – ein grüner Mehrstrombedarf von bis zu ca. 45 TWh bis 2030.

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