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Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten

In Deutschland und Europa nimmt ein Sorgfaltspflichtengesetz immer konkreter werdende Gestalt an. Ziel dieser Regulation ist es, die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Lieferketten zu sichern, Unternehmen stehen somit in besonderer Weise in Verantwortung.

Lieferkettengesetz lässt bisherige Bemühungen unberücksichtigt

Die Stahlindustrie lehnt eine solche, bislang auf freiwilliger Basis bestehende Regulation, grundsätzlich nicht ab. Der aktuelle Stand der Gesetzgebung lässt allerdings die Vielzahl positiver Effekte völlig außer Acht, die Entwicklungs- und Schwellenländer den Unternehmen aus Deutschland und der EU zu verdanken haben. Europäische Unternehmen sind in diesen Ländern sehr geschätzt, da sie in diesen Ländern viele Arbeitsplätze mit hohen Sicherheitsstandards geschaffen haben. Dieses Engagement trägt zu mehr Wohlstand und besseren Möglichkeiten der Bildung sowie des Ausbaus des Gesundheitswesens bei. Mit den Gesetzesvorhaben sind indes nur ungenaue Vorgaben für die unternehmerischen Sorgfaltspflichten verbunden, demzufolge ist für die Unternehmen eine exakte Einschätzung hinsichtlich der Einhaltung des Pflichtenumfangs nicht möglich, hieraus resultiert ein erhöhtes Risiko für Haftungs- und Sanktionsmaßnahmen. Das somit Erreichte sowie das primäre Ziel, die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen, drohen allerdings Gefahr zu laufen in Rückstand zu geraten, wenn sich europäische Unternehmen aus diesen Regionen zurückziehen.

Stahlindustrie nimmt ihre Sorgfaltspflichten ernst

Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung sind in der Stahlindustrie in Deutschland bereits heute Bestandteil der Unternehmensphilosophie und -strategie. Die Einhaltung von unternehmerischen Sorgfaltsplichten entlang der Lieferkette wird von den Unternehmen geachtet. Die Branche setzt bereits seit langer Zeit auf den Einsatz wirkungsvoller Instrumente, hierzu zählen insbesondere die Vereinbarung von internationalen Codes of Conduct und Lieferantenverträgen sowie die Beteiligung an Brancheninitiativen.

Gesetzliche Vorgaben stellen Stahlindustrie vor große Herausforderungen

Die Stahlindustrie wäre allerdings von den geplanten gesetzlichen Vorgaben aufgrund ihres hohen Rohstoffbedarfs und der damit verbundenen Importabhängigkeit besonders betroffen. Die Rohstoffversorgung erfolgt in der Regel über sehr lange Lieferketten im Ausland, überwiegend in den Ländern mit wenig ausgeprägter Governance. Je länger die Lieferkette, desto schwieriger ist die Identifizierung von einzelnen Lieferanten zu Beginn der Kette.

Unabdingbare Voraussetzung für eine gesetzliche Regulation ist jedoch ein Rahmen, der durch folgende Eckpunkte aufgespannt wird:

  • Die Einhaltung von Menschenrechten darf nicht den Unternehmen allein überlassen werden. Ein Großteil der gesellschaftlichen Verantwortung und Handlungsmöglichkeiten liegt in den Händen der Politik. Der Gesetzgeber darf die Verantwortung von der Politik auf die Wirtschaft überwälzen.
  • Ein nationaler gesetzlicher Alleingang wäre der falsche Weg. Ein Level-Playing-Field ist nur durch ein Europäisches Gesetz erreichbar.
  • Ein Sorgfaltspflichtengesetz muss sich auf den eigentlichen Kern, den Lieferketten beschränken. Eine Ausweitung auf Wertschöpfungsketten wäre zu weit gefasst.
  • Der Umfang und die Art und Weise der unternehmerischen Sorgfaltspflichten muss klar definiert werden, ansonsten sind Unternehmen ständig im Risiko nicht angemessen gehandelt zu haben
  • Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen muss sich auf den eigenen Geschäftsbereich sowie auf unmittelbare, direkte Lieferanten beschränken. Eine darüber hinaus gehende Pflicht zur Prüfung mittelbarer Lieferanten würde voraussetzen, dass Unternehmen die komplette Lieferkette kennen. Dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall.
  • Eine Ausweitung der Schutzbereiche auf Umwelt und Good Governance, geht weit über das eigentliche Ziel, der Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen, hinaus.
  • Die im nationalen Gesetz vorgesehene Möglichkeit, dass Geschädigte sich durch NGOs und Gewerkschaften gerichtlich vertreten lassen können (sog. Prozesstandschaft) führt eher zu einer Bühne für die Interessensbekundung Dritter.
  • Eine zivilrechtliche Haftung für das Verhalten Dritter ist entschieden abzulehnen. Ebenso muss der Sanktionsrahmen angemessen sein. Ansonsten droht ein Rückzug europäischer Unternehmen aus Regionen mit fragiler Governance.
  • Ein neu einzuführendes Lieferketten-/Sorgfaltspflichtengesetz muss sich am beste-henden Rechtsrahmen sowie anderen Vorschriften orientieren. Redundante sowie widersprüchliche Pflichten und Auflagen sind unbedingt zu vermeiden
  • Die bislang auf freiwilliger Basis angewendeten Standards und Governance-Systeme müssen anerkannt werden.

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