Weiterbildung und Bildungspolitik als Schlüssel zur Fachkräftesicherung
Die europäische Stahlindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden digitalen und technologischen Wandel. Dieser Herausforderung gilt es proaktiv zu begegnen. Die digitale Transformation bringt bereits heute schon erhebliche Veränderungen in den Produktionsprozessen (Industrie 4.0) mit sich. Anpassungen an neue Arbeitspraktiken und Arbeitsmuster (Arbeit 4.0) sind die logische Folge. Ebenso führt der Green Deal zu einer Umwälzung der Rahmenbedingungen – mit massiven Auswirkungen auf die bisherigen Produktionsprozesse der Stahlindustrie. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Fachkräfte-Qualifikationen ist demnach dringend erforderlich. Es bedarf zusätzlich zu den hochqualifizierten Beschäftigten sowohl spezialisierter als auch vielseitig ausgebildeter Arbeitskräfte. Qualifikation und Fachkompetenz sind demnach Schlüsselfaktoren damit die europäische Stahlindustrie ihre technologische und nachhaltige Spitzenposition behaupten kann. Es werden daher zwei unterschiedliche Lösungswege beschritten, die sich jedoch gegenseitig ergänzen: Innerbetriebliche Weiterbildung und Bildungspolitik.
Innerbetriebliche Weiterbildung: Hoher Stellenwert in der Stahlindustrie
Innerbetriebliche Weiterbildung hat in der Stahlindustrie schon seit jeher einen hohen Stellenwert. Diese betriebliche und gesellschaftliche Funktion wird bereits heute und in Zukunft intensiv wahrgenommen. Weiterbildung beginnt jedoch nicht erst hinter dem Werkstor, sondern ist wesentlich weitergefasst. Die Verbesserung der Bildungsqualität in allen Altersgruppen, von frühkindlicher Förderung über Schulbildung und berufliche Ausbildung bis hin zu berufsbegleitender Weiterbildung ist der Schlüssel für eine demografiefeste Fachkräftesicherung. Ebenso sind duale Ausbildungen und duale Studiengänge in der Stahlindustrie etabliert und zeigen große Erfolge.
ESSA: Europäisches Projekt zum Qualifikationsbedarf
Auf europäischer Ebene engagiert sich die Stahlindustrie im Rahmen der European Skills Agenda Steel (ESSA), die formal in „Erasmus+“ eingebunden ist, für eine Agenda, die die branchenspezifischen Qualifikationsprofile in den Mittelpunkt stellt. Bis zum Jahr 2022 soll die bereits in Entwicklung befindliche Agenda einen strukturierten Überblick zum künftigen Qualifikationsbedarf aufzeigen. Auf Basis dieser sich ändernden Anforderungen müssen sodann die notwendigen Maßnahmen definiert werden, um den Aus- und Weiterbildungsrahmen adäquat anzupassen. Dies betrifft beispielsweise Schulungen und Lehrpläne (einschließlich neuer Wege für die kurzfristige Umsetzung sowohl in Unternehmen als auch in Bildungseinrichtungen) sowie sektorale Weiterbildungsmaßnahmen und effizientes Wissensmanagement.
Eine demografiefeste Fachkräftesicherung braucht geeignete politische Rahmenbedingungen
Der nationalen und europäischen Bildungspolitik kommt ebenso wie der betrieblichen Weiterbildung eine zentrale Rolle zu. Geeignete politische Rahmenbedingungen in der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik sind eine wesentliche Voraussetzung für eine demografiefeste Fachkräftesicherung. Die Stahlindustrie als beschäftigungsintensiver Industriezweig ist in besonderem Maße vom Angebot an Arbeitskräften über die verschiedensten Qualifikationsstufen betroffen. Hier gilt es die Voraussetzungen sowohl bei den Schulen (Schwerpunkt MINT, Digitalpakt Schule, etc.), sowie bei Neuordnungen von Ausbildungsberufen und qualifikationsorientierten Weiterbildungsmöglichkeiten bis hin zu einer bedarfsgerechten Ausrichtung von metallurgischen und werkstoffbezogenen Studiengängen zu begleiten und mitzugestalten.