WV Stahl
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Verlustabzug: Besteuerung derzeit nicht leistungs­gerecht

Das Leistungsfähigkeitsprinzip stellt ein Grundprinzip der Besteuerung dar. Nach diesem Grundsatz soll die Steuerbelastung des Steuerschuldners von seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängen. Sie bestimmt, in welcher Höhe der Steuerschuldner in der Lage sein soll, die Steuer als staatliche Zwangsabgabe tragen zu können. Diese verfassungsrechtlich gebotene leistungsgerechte Besteuerung wird hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht hinreichend berücksichtigt.

Regelungen derzeit nicht leistungsgerecht

Den Unternehmen der Stahlindustrie in Deutschland sind coronabedingt umfangreiche Verluste entstanden, welche jedoch aufgrund der bestehenden Regelungen zum Verlustabzug des § 10d EStG (Einkommensteuergesetz) nicht leistungsgerecht genutzt werden können. Gemeinsam mit dem BDI setzt sich die WV Stahl deshalb für eine entsprechende Anpassung ein. Gegenwärtig wird aufgrund der zeitlichen und betragsmäßigen Begrenzung des Verlustrücktrags einer leistungsgerechten Besteuerung in Krisenjahren nicht entsprochen. Dies betrifft
insbesondere Großunternehmen, wie sie in der Stahlindustrie zu finden sind. Der zulässige Rücktrag für Unternehmen in Höhe von maximal 5 Millionen Euro ist nicht leistungsgerecht. Dies gilt insbesondere für die Stahlindustrie, die 2019 kaum Gewinne verzeichnete, in die ein Rücktrag möglich wäre. Im Gegensatz zur deutschen Regelung lassen andere Länder einen unbegrenzten Verlustrücktrag bis zu fünf Jahren zu.

Nicht leistungsgerecht in Krisenzeiten ist auch die Aufrechterhaltung des eingeschränkten Verlustabzugs durch die Mindestbesteuerung im Rahmen des Verlustvortrags des § 10d EStG. Die Mindestbesteuerung hat zur Folge, dass ein Teil der Einkünfte nicht durch einen Verlustvortrag ausgeglichen werden darf. Durch diese reduzierte Verlustnutzung aus Krisenjahren entspricht die Steuerbelastung in den folgenden Jahren nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Unternehmenssituation. Indem die Anrechnung sämtlicher Verluste den Unternehmen versagt wird und sie zudem zur Versteuerung von 40 Prozent der Einkünfte verpflichtet sind, wird eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip unterbunden.

Leistungsfähige Besteuerung für Stahlindustrie unerlässlich

Durch die genannten Regelungen wird der Stahlindustrie ein leistungsgerechter Verlustabzug infolge der Corona-Pandemie verweigert. Die Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips in der aktuellen schwierigen Lage würde sich in einer Aussetzung dieser Mindestbesteuerung für die Krisenjahre und für den wirtschaftlichen Neustart nach dem Ende der Pandemie sowie der Gewährung eines deutlich höheren und weiteren Verlustrücktrags widerspiegeln und so seiner verfassungsrechtlichen Gebotenheit entsprechen. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl wird sich auch weiterhin für eine leistungsgerechte Besteuerung einsetzen.