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Schienengüterverkehr: Modernisierung wichtig für Stahlindustrie und Klimaschutz

Deutschland hat im Klimaschutzgesetz hochambitionierte CO2-Minderungsziele für den Verkehrsbereich (-40 bis -42 Prozent 1990-2030) festgelegt, die möglicherweise noch weiter verschärft werden. Die Ziele können nur erreicht werden, wenn der besonders nachhaltige und bereits überwiegend elektrifizierte Schienengüterverkehr wesentlich stärker genutzt wird als heute. Die Bundesregierung strebt folgerichtig an, den Marktanteil der Güterbahnen bis 2030 von 19 Prozent auf 25 Prozent zu erhöhen.

Stahlindustrie setzt auf den nachhaltigen Verkehrsträger Bahn

Die Güterbahnen sind jedoch aktuell nicht richtig aufgestellt, um einen wirksamen Beitrag leisten zu können, der Marktanteil steigt in Deutschland nur langsam und ist europaweit sogar rückläufig. Die Ursachen sind vielfältig: Teils rückständige Technik, Infrastrukturmängel, Überregulierung und Probleme an den Landesgrenzen hemmen Effizienz und Zuverlässigkeit. Dies ist besonders für die Stahlindustrie in Deutschland von Nachteil, die seit 150 Jahren konsequent auf die Schiene setzt und heute etwa die Hälfte ihrer Transportmengen auf der Schiene befördert. Mittlerweile hat die Politik das Problem erkannt und ist zunehmend bereit, sich für den Güterverkehr auf der Schiene zu engagieren und auch entsprechend zu investieren. Der mit Beteiligung der Wirtschaftsvereinigung Stahl erarbeite „Masterplan Schienengüterverkehr“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ist hier richtungsweisend. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt zu Recht bei der technischen Modernisierung des Sektors.

Digitale Automatische Kupplung: Schlüsselinnovation für einen modernen und wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr

In einigen Bereichen konnten bedeutende technologische Fortschritte erreicht werden, etwa bei Loks oder bei manchen Spezialgüterwagen. Ein starker Nachholbedarf besteht hingegen generell dort, wo europaweite Standards beachtet werden müssen. Besonders deutlich wird dies bei der heute üblichen Schraubenkupplung: Diese personalintensive und für den Rangierer gefährliche Technik aus der Frühzeit der Eisenbahn wurde in den USA schon im Jahr 1900 abgeschafft und ist weltweit fast nur noch in Europa anzutreffen. Da Güterwagen nicht mit Strom versorgt werden können, blockiert sie auch die Digitalisierung der Güterbahnen. Daher ist die europaweite Einführung der Digitalen Automatische Kupplung (DAK) die Schlüsselinnovation für einen modernen und wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr. Die Stahlindustrie setzt sich seit vielen Jahren für moderne Kupplungstechnik ein; positiv ist, dass gegenwärtig verschiedene Modelle getestet werden und sich die EU-Verkehrsminister in der „Berliner Erklärung“ zur DAK bekannt haben. Die Umrüstung auf die DAK muss europaweit schnellstmöglich starten und zügig abgeschlossen werden.

Eine zweite wesentliche Güterwageninnovation ist die Umrüstung des Wagenbestands auf lärmarme Bremsen. Hier ist Deutschland schon weit vorangekommen und plant ab Ende 2020, Wagen mit lauten Bremsen de facto vom Schienennetz zu verbannen. Dieser Schritt ist für die Akzeptanz der Güterbahnen in Deutschland zwingend, die EU muss dies anerkennen und eine zügige Ausweitung auf die gesamte EU sicherstellen.

Damit Güterloks an Landesgrenzen neben sich ändernden Stromsystemen nicht auch noch unterschiedliche Leit- und Sicherungssysteme mitführen müssen, läuft europaweit die Einführung des ERTMS-Systems. Der Rollout muss beschleunigt werden und muss Förderprogramme auch für die Umrüstung der Loks selbst einschließen. Auf nationaler Ebene ist das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“ zur Forschungsförderung von zentraler Bedeutung. Es ist dringend erforderlich, die Mittelausstattung zu verbessern, gerade für mehrjährige Projekte.

Schienengüterverkehr: Wettbewerbsnachteile müssen abgebaut werden

Perspektivisch wird eine durchgreifende Modernisierung des Schienengüterverkehrs in Europa generell nicht ohne substanzielle Investitionshilfen des Bundes und der übrigen EU-Länder umsetzbar sein. Auch der rechtlich-regulatorische Rahmen des Schienengüterverkehrs muss technisch modernisiert und sorgfältig auf Ineffizienzen überprüft werden, da er heute einen substanziellen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Verkehrsträgern darstellt. Dies gilt in besonderem Maße bei grenzüberschreitenden Verkehren.