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Wasserstoff-Aktionsplan: Politischen Rahmen für Investitionsentscheidungen in der Stahlindustrie jetzt schaffen

Der Nationale Wasserstoffrat (NWR) hat am 2. Juli den „Wasserstoff Aktionsplan Deutschland 2021-2025“ an das Bundeskanzleramt übergeben. Darin enthalten sind insgesamt 80 Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der im Juli 2020 verabschiedeten Nationalen Wasserstoffstrategie. Der Stahlindustrie kommt hierbei eine tragende Rolle zu.

Stahl als Treiber im Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft

Im Industriebereich wird bereits heute vielfach Wasserstoff eingesetzt, insbesondere als Grundstoff zur Herstellung von Grundchemikalien oder als Prozessgas in Raffinerien. Neue Anwendungsgebiete ergeben mit der Direktreduktion auf Wasserstoffbasis vor allem in der Stahlindustrie. Aus Sicht des NWR kann bereits bis 2030 ein signifikanter Bedarf an grünem Wasserstoff in Höhe von rund 20 TWh entstehen (600.000 t). Als großer Nachfrager mit der Fähigkeit zur flexiblen und schnellen Aufnahme kann die Stahlindustrie damit ein entscheidender Treiber für den Aufbau und Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft sein, zum Nutzen auch für andere Sektoren. Dafür muss klimaneutraler Wasserstoff rasch verfügbar gemacht und zu Konditionen bereitgestellt werden, die für die im internationalen Wettbewerb stehenden Branchen tragbar sind.

Substantielle CO2-Reduktionen in der Stahlindustrie bis 2030 möglich

Im Stahlbereich können durch den Aufbau von 10 Millionen Tonnen an Direktreduktion bis 2030 knapp 17 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, sofern diese vollständig mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Laut Wasserstoffrat können mit einer Tonne grünem Wasserstoff sogar 28 Tonnen an CO2 eingespart werden. Dieses hohe Einsparpotential kann zudem an wenigen, klar definierten Standorten gehoben werden. Ein effektiver Klimaschutz durch Wasserstofftechnologien und eine erfolgreiche Transformation lassen sich jedoch nur erreichen, wenn es gelingt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Anwenderindustrien zu sichern, Investitionen in neue Technologien zu flankieren und die Wirtschaftlichkeitslücke zu schließen.

Erdgas als Brücke zur klimaneutralen Stahlindustrie und Flexibilisierungsoption unverzichtbar

Solange grüner Wasserstoff nicht in ausreichend zur Verfügung steht, kann für Einstieg in die Transformation und den Übergang zur Klimaneutralität auch Erdgas eingesetzt werden. Durch die Ablösung von Kohle als Energieträger werden in der Stahlerzeugung so bereits zwei Drittel der CO2-Emissionen eingespart. Erdgas ist somit mit Blick auf Verfügbarkeit, aber auch auf die Kosten für den Übergang eine unverzichtbare Flexibilisierungsoption. Zugleich werden Lock-In-Effekte vermieden.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation: der politische Rahmen muss bis 2022 stehen

Von den insgesamt 80 Handlungsempfehlungen im Aktionsplan beziehen sich allein 10 Maßnahmen auf den Bereich der industriellen Anwendungen, die zudem bis Ende 2022 umgesetzt werden sollten. Zentral sind aus Sicht des Nationalen Wasserstoffrats insbesondere, dass

  • Ausbaukorridore der erneuerbaren Energien ausgeweitet und
  • Herkunftsnachweise für klimaneutralen Wasserstoff und für den Einsatz von grünem Strom zur Wasserstofferzeugung eingeführt werden.
  • klimaneutraler Wasserstoff durch den zügigen Anschluss für Industriekunden an eine vernetzte Infrastruktur zum Kunden gebracht an Standorten mit geringem Erzeugungspotential von H2 ermöglicht wird.
  • bis Ende 2022 ein breites Förderregime steht: Dies beinhaltet, dass das Schlüsselinstrument der Klimaschutzverträge in die breite Umsetzung gebracht wird und die Förderzusagen auch mittelfristig über ein Sondervermögen abgesichert werden.
  • staatliche Anreizsysteme für grüne Leitmärkte etabliert werden, damit sich eine klimaneutrale Grundstoffproduktion langfristig selbst tragen kann.

Haltepunkt Stahlindustrie: Die Zeit drängt

Damit der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft gelingen kann, definiert der Nationale Wasserstoffrat insgesamt acht Haltepunkte, die aus seiner Sicht zwingende Voraussetzungen sind, ohne die das von der Bundesregierung vorgelegte Ambitionsniveau zum H2-Hochlauf nicht erreicht werden kann. Hierzu gehört auch, dass Investitionen in klimafreundliche Anwendungstechnologien zeitnah auf den Weg gebracht werden müssen und mit Blick auf die Stahlindustrie sogar bis Anfang 2022 ein politischer Rahmen benötigt wird, der die Grundlage für Investitionsentscheidungen bilden kann.